Zeigen, dass die Gastroszene als Arbeitsplatz attraktiv ist

Philippe Roschy blickt zurück auf sein erstes Jahr als Präsident des Freiburger Wirteverbandes und erzählt von neuen Projekten, um den Personalmangel in der Gastronomie zu beheben.

Die grösste Herausforderung für Philippe Roschy ist der Personalmangel. © zvg

Philippe Roschy ist seit einem Jahr Präsident des Freiburger Wirteverbandes und erzählt im Interview von neuen Projekten, um den Personalmangel in der Gastronomie zu beheben.

Philippe Roschy, wie lautet Ihre Bilanz nach einem Jahr an der Spitze von Gastro Freiburg?

Das Amt ist mit viel Arbeit verbunden, es entspricht etwa einem 40-Prozent-Pensum. Ich werde aber von der Verwaltung sehr stark unterstützt und auch vom restlichen Vorstand des Verbandes. Wir haben viel erreicht, und ich ziehe eine positive Bilanz. 

Was waren und sind die grössten Herausforderungen?

Die grösste Herausforderung ist der Personalmangel. Wir verlieren immer mehr Arbeitskräfte. Gastro Suisse unterstützt uns mit dem Projekt Avanti, mit dem wir zeigen wollen, wie attraktiv die Tätigkeit im Gastgewerbe sein kann und welche verschiedenen Berufe es bei uns gibt. 

Warum ist die Imagekampagne notwendig?

Unser Beruf kämpft gegen viele Vorurteile, etwa, dass die Arbeit schwer ist, die Arbeitszeiten lang und dass man auch am Wochenende immer arbeiten muss. Wir wollen ein gutes Image vermitteln und zeigen, dass wir in der Gastroszene von Freiburg attraktive Arbeitsplätze bieten und dass wir Junge in der Ausbildung fördern und vor allem auch begleiten.

Es ist keine einfache Zeit für Gastronomen, was kann der Verband beitragen?

Wir bieten den Mitgliedern verschiedene Kurse, etwa in den Bereichen Service, Küche und Informatik. Wir sind ständig am Überlegen, wie wir das Angebot noch ausbauen können. Es ist keine leichte Zeit für sie. Von den Folgen der Coronapandemie reden wir gar nicht. Die Inflation macht es schwierig, die Margen werden kleiner, und wir verlieren Arbeitskräfte. 

Sie suchen Quereinsteiger und Aushilfen, etwa mit einem Projekt, das sich an Studierende richtet?

Ja, wir planen eine Art Mini-Ausbildung für Studierende. In zwei oder vier Halbtagen erhalten sie eine Einführung in die Gastronomie. Das funktioniert in den Kantonen Waadt, Neuenburg und Genf bereits sehr gut. Ich bin überzeugt, dass dieses Angebot auch in der Universitätsstadt Freiburg Anklang finden wird. Wenn wir mehr Wochenendaushilfen haben, können wir unseren Stammangestellten regelmässiger ein Wochenende frei geben. Das Projekt soll so schnell wie möglich umgesetzt werden, entweder noch dieses Jahr oder spätestens 2025.

Ich dränge meinen Sohn nicht, Metzger oder Koch zu werden. Er muss das selber entscheiden

Sie haben eine Lehre als Metzger gemacht, dann eine Zweitausbildung als Koch. Würden Sie den gleichen Weg wieder einschlagen?

Ja, sicher. Metzger ist ein sehr schöner Beruf. Ich habe bereits als Zehn-, Zwölfjähriger bei meinen Eltern mitarbeiten dürfen. Mein Vater hat die Metzgerei über 50 Jahre selber geleitet, und meine Familie hat in vierter Generation die Metzgerei geführt. Es ist ein schöner Beruf, der aber verschwindet. 1999 habe ich eine zweite Lehre als Koch gemacht, damit wir mehr im Bereich Traiteur machen können. Es hat mir so gut gefallen, dass ich in diesem Bereich geblieben bin. 

Sie sind früh in den Betrieb eingestiegen. Wie sieht es bei Ihren Kindern aus?

Ich habe schon als Jugendlicher viel gearbeitet. Zum Beispiel am Mittwochmorgen um fünf Uhr den Lieferwagen befüllt, mit dem wir dann an den Markt gefahren sind. Das waren schöne Zeiten, ich habe viele gute Erinnerungen. Ich dränge meinen Sohn nicht, Metzger oder Koch zu werden. Er muss das selber entscheiden. Doch helfen heute bereits beide Kinder mit. Mein zwölfjähriger Sohn kommt ab und zu für ein paar Stunden zu mir in die Küche. Meine 17-jährige Tochter hilft mir am Wochenende im «Le Boulevard 39». Wir sind also ein Familienbetrieb, obwohl wir ein Unternehmen mit zwölf Angestellten haben. Ich verbringe viel Zeit mit meiner Familie, das ist mir wichtig.

Spüren Sie den Wandel bei den traditionellen Familienbetrieben?

Ja, diese Tendenz ist schon seit mehreren Jahren spürbar. Ich versuche immer wieder, die Kolleginnen und Kollegen zu sensibilisieren, vermehrt mit lokalen Anbietern, etwa Metzgern und Landwirten, zusammenzuarbeiten und das Schwergewicht auf regionale Produkte zu setzen. Das kann eine Stärke für die Zukunft sein. Dies müssen wir unbedingt behalten und fördern. In der Stadt kommen viele neue Gastroprojekte mit guten Ideen, denen aber dieser Lokalbezug weniger wichtig ist. Gastro Freiburg arbeitet daran, auch sie zu sensibilisieren.

Dieses Interview entstand im Rahmen eines Textaustauschs mit den Freiburger Nachrichten.

RadioFr. - Redaktion / Freiburger Nachrichten
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