Warum sträubt sich die Schweiz gegen Windkraft?

In unseren Nachbarländern stehen tausende Windräder. In der Schweiz sind es 41.

Protest gegen Windkraftanlagen in Saint-Brais im Jura. (Archiv) © KEYSTONE

Die Schweiz hat ein enormes, ungenutztes Potenzial für Windkraft. Sie könnte einen Drittel ihres Energiebedarfs durch Windenergie decken, erklärt Isabelle Chevalley, Präsidentin der Vereinigung zur Förderung der Windenergie in der Schweiz Suisse-Eole. Dazu bräuchte es 2500 bis 3000 Windräder - heute zählt die Schweiz gerade mal 41.

"Wir haben ein sehr starkes Rekursrecht. Eine einzelne Person kann einen ganzen Windpark blockieren", erklärt Isabelle Chevalley. Im März sprach sich etwa die Gemeinde Courtepin gegen den geplanten Windpark Misery-Courtion aus. Das Projekt liegt seither auf Eis.

Grosses Potenzial in Freiburg

Dabei wäre der Kanton Freiburg auf Platz vier, wenn es um das Windkraftpotenzial in der Schweiz geht, wie eine Studie des Bundes gezeigt hat. Damit Windkraftanlagen mit nationalem Interesse künftig schneller realisiert und weniger leicht blockiert werden können, möchte der Bund nun das Energiegesetz ändern. Als Nächstes wird sich das Parlament zu diesem Beschleunigungserlass äussern.

Der Erlass sei ein Schritt nach vorne, sagt Isabelle Chevalley. "Es ist ein wichtiges Signal, das zeigt, dass die Politik diese erneuerbaren Energien in Zukunft unterstützen wird." Die Windkraft sei hier eine wichtige Ergänzung zu Wasserkraftwerken und der Solarenergie, erläutert die Suisse-Eole-Präsidentin. "Die Stromerzeugung passiert bei Windrädern zu zwei Dritteln im Winter. Und wir wissen, dass wir im Winter ein echtes Problem haben - Solaranlagen und Wasserkraftwerke produzieren dann weniger Strom."

"Kein irrsinniges Ziel"

Windkraftanlagen decken zurzeit noch weniger als 0,5 Prozent des Strombedarfs der Schweiz. Das möchte Suisse-Eole ändern: Bis 2035 sollen sechs Terawattstunden Strom durch Windenergie erzeugt werden, und bis 2050 sollen es neun Terawattstunden werden. Bis dahin dürfte auch der Energieverbrauch der Schweiz zunehmen. Laut Zahlen des Verbands Schweizerischer Elektrizitätsunternehmen dürfte die Schweiz 2050 jährlich bis zu 90 Terawattstunden an Energie verbrauchen. Windenergie könnte also rund zehn Prozent davon decken, sollte Suisse-Eole seine Ziele verwirklichen können.

"Wir wissen, dass diese Ziele erreichbar sind im Hinblick auf die Windparks, die gerade in der Entwicklung sind", sagt Isabelle Chevalley. "Für neun Terawattstunden braucht es etwa tausend Windräder. Das ist kein irrsinniges Ziel - Österreich hat diese Anzahl Windräder bereits 2015 erreicht." Um auf tausend Windräder zu kommen, fehlen der Schweiz noch 959. Diese dürften nach und nach gebaut werden, verteilt auf verschiedene Regionen, so Chevalley. "Es hat sich gezeigt, dass die grosse Mehrheit der Menschen, die mit diesen Windrädern leben, diese sehr gut akzeptiert."

Das ganze Interview mit Isabelle Chevalley (auf Französisch):

RadioFr. - Serge Jubin, correspondant parlementaire / iwi
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