Zeitenwende im Freiburger Finanzhaushalt

Der Grosse Rat berät über die Jahresrechnung des Kantons Freiburg. Trotz eines leichten Gewinns warnt der Staatsrat vor einem strukturellen Defizit.

Der Grosse Rat beschäftigt sich mit den Kantonsfinanzen. © RadioFr.

Die Freiburger Grossräte haben am Dienstag mit der Prüfung der Staatsrechnung begonnen. Diese schloss mit einem Gewinn von 242'518 Franken ab, nach 494'000 Franken im Jahr 2022. Das Ergebnis verdecke aber die Entwicklung eines "strukturellen Defizits", warnte der Finanzdirektor Jean-Pierre Siggen.

Der Kanton Freiburg, der die Regel des Haushaltgleichgewichts praktiziert, befinde sich an einem "Wendepunkt", sagte der Präsident des Staatsrats. Der Finanzminister sprach von einem Paradigmenwechsel und heizte damit die Eintretensdebatte an. "Es gibt keinen Spielraum mehr bei den steigenden Kosten".

Die Verschlechterung sei vor dem Hintergrund einer günstigen Konjunktur eingetreten, sagte Jean-Pierre Siggen. Das bürgerliche Lager mahnte zu äusserster Vorsicht. "Die Situation ist beunruhigend", stellte der Abgeordnete Hubert Dafflon (Mitte) fest, für den es weder der richtige Zeitpunkt ist, die Belastungen zu erhöhen, noch die Steuern zu senken.

Seine Kollegin Antoinette de Weck sprach im Namen der FDP Fraktion von einer "besorgniserregenden Situation" im Zusammenhang mit den Konten, hinter denen sich ein Defizit verbirgt. Der SVP-Abgeordnete Gabriel Kolly forderte dazu auf, die Ausgaben nicht mehr "systematisch" zu erhöhen, und beklagte die Überschreitungen bei den Infrastrukturinvestitionen.

Auswirkungen der Demografie

Auf Seiten der Linken wurde die Idee eines strukturellen Defizits ebenso abgelehnt wie die Möglichkeit eines Sparpakets. Der Fraktionsvorsitzende des Grünen Bündnisses François Ingold wies darauf hin, dass Freiburg auch sein Bevölkerungswachstum von 2 Prozent im Jahr 2023 verkraften müsse. "Wir dürfen nicht in eine Form von Panik verfallen", sagte seine SP-Kollegin Marie Levrat.

"Der Staat ist nicht da, um Gewinne zu machen", fügte sie hinzu und ermutigte dazu, auch auf der Einnahmenseite zu handeln. Der Berichterstatter der Finanz- und Geschäftsprüfungskommission Armand Jaquier (SP) sieht die Prioritäten und Herausforderungen, die auf den Kanton zukommen, in den Bereichen Gesundheit, Bildung und Infrastruktur.

Jean-Pierre Siggen fasste zusammen, dass der Gewinn durch höhere Steuereinnahmen, Entnahmen aus Fonds und Rückstellungen sowie durch höhere Transfereinnahmen als erwartet erzielt wurde. Der Aufwand stieg im Vergleich zum Budget um 4,2 Prozent, konkret um 170,7 Millionen auf 4,22 Milliarden Franken.

Die SNB ist schwankend

Zum ersten Mal seit fast zehn Jahren konnten die laufenden Erträge den Aufwand nicht decken. Vor dem Abschluss wies das Finanzjahr einen Überschuss von 26,8 Millionen aus. In den vorangegangenen drei Jahren hatten die Ertragsüberschüsse vor Abschluss durchschnittlich mehr als 110 Millionen betragen.

Das Ausbleiben der Zahlung der Schweizerischen Nationalbank (SNB), die im Budget wie auch für 2024 vorweggenommen wurde, erforderte eine Entnahme von 50 Millionen Franken aus der entsprechenden Rückstellung. Dies ermöglichte es dem Staatsrat, 2023 eine ausgeglichene Rechnung vorzulegen.

Das Investitionsvolumen erreichte mit 246,1 Millionen Franken einen Rekordwert, was laut Regierung auf eine "ehrgeizige" Politik hindeutet. Die Rechnung weist einen Ausgabenüberschuss von 211,6 Millionen und einen Finanzierungsfehlbetrag von 52,6 Millionen aus. Der Selbstfinanzierungsgrad liegt bei 75,2 Prozent.

SDA / RadioFr. - Philipp Bürgy
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